Wann ist ein Blog ein Moblog?
Nachdem Moe kürzlich fragte, was denn die Blogospäre ist, will ich heute auch einmal so eine Begriffsdefinition aufgreifen. Und das aus einem ganz einfachen Grund: Ich sitze gerade in diesem Augenblick, als ich diese Zeilen schreibe im ICE nach Düsseldorf. Ich bin also gerade mobil unterwegs und blogge - wenn auch nur mit einer späteren Replikation. Und daher möchte ich heute mal die Definition des Begriffs Moblog hinterfragen.
Wie ihr euch vorstellen könnt, ist diese Frage nicht ganz trivial zu beantworten. Daher hier erst mal eine kleine Übersicht, was euch erwartet, wenn ihr euch ein bischen Zeit zum Lesen meiner Diskussion nehmt:
1. Woher kommt der Begriff Moblog?
2. Welche Definitionen gibt es?
3. Definition über das Zugangsgerät
4. Definition über die Zugangsart
5. Definition über die Fortbewegung
6. Definition über den aktuellen Ort
7. Definition über Inhalte
8. Was ist dann ein Moblog?
9. Ein Autor entscheidet zwischen "Blog" und "Moblog"
10. Der Begriff "Moblog" ist überflüssig!
11. Fazit
Zusammenfassend möchte ich vorausschicken, dass die Unterscheidung zwischen Blog und Moblog eigentlich nicht sehr genau gegriffen werden kann. Das wird mich dazu führen, dass wir den Begriff "Moblog" garnicht mehr benötigen. Aber ich will nicht vorgreifen, lest einfach selbst...
1. Woher kommt der Begriff Moblog?
Wenn wir zunächst das Wort betrachten, setzt es sich einfach aus zwei Restandteilen zusammen: "Mobiles Bloggen" beziehnungsweise auf Englisch natürlich "mobile blogging".
Gehen wir der Einfachheit einmal davon aus, dass die Begrifflichkeit des Bloggens klar definiert ist und hier nicht diskutiert werden soll. Ich verweise hier einfach mal auf die allseits geschätzte Wikipedia und die dortige Definition eines Blogs.
Es bleibt also die Frage offen, was "mobil" im Zusammenhang mit Bloggen bedeutet.
2. Welche Definitionen gibt es?
Die deutsche Wikipedia definiert Moblog zunächst als zusammengesetztes Wort (siehe oben) und ergänzt diese Definition mit:
"Ein mobiles Weblog, oder Moblog, besteht aus Bildern und zumeist kurzen Kommentaren, die mit einem tragbaren Gerät - wie z.B. einem PDA oder einem Handy - auf eine Internetseite geladen werden."
Die Definition von about.com schlägt in die gleiche Kerbe und listet zusätzlich einige mobile Geräte auf, die Moblogging ermöglichen:
"This [moblog] is the short form of the phrase 'mobile blog' or 'mobile blogging.' Mobile blogging is the practice of blogging using mobile devices such as PDAs (personal digital assistants), cell phones, camera phones, telephones, and email. Blogs that are updated using these devices are called 'moblogs.'"
Allerdings wird für diese Geräteliste kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, es sind nur einige Beispiele. Im Gegensatz zur Wikipedia wird hier keine Aussage über den Inhalt gemacht, wozu ich später noch kommen werde.
3. Definition über das Zugangsgerät
Vielleicht ist es eine gute Idee "Moblog" über die Art des Zugangsgeräts zu definieren. Mobloggen wäre dann die Nutzung eines mobile einsetzbare Gerätes zur Erzeugung neuer Blogeinträge.
Wenn wir uns obenstehende Liste nochmals genau ansehe, werden wir aber einige Geräte entdecken, die dort fehlen. Wie sieht es etwas mit Notebooks aus? Und wenn Notebooks zu schwer sind, um als "mobil" zu gelten, dann sind zumindest doch Subnotebooks mobil, oder nicht.
Weiterhin müssen wir uns fragen, ob beispielsweise das Bloggen aus einem Internetcafe oder anderen öffentlichen Internetzugängen als mobile Blogging bezeichnet werden müsste. Denn hierbei sind zwar die Zugangsgeräte nicht mobil, sehr wohl aber die Menschen, die sie zum Bloggen nutzen.
Und selbst der mitgebrachte PC ist auf einer LAN-Party, Veranstaltungen wie dem CCC-Kongress oder Messen plötzlich mobil geworden. Etwas abstrus aber durchaus möglich wäre es natürlich auch einen normalen PC und Monitor in einem ICE an die Steckose anzuschliessen und zu nutzen. Dieser wäre dann wohl auf jeden Fall als mobil zu bezeichnen.
Umgekehrt kann ich jedes dieser offensichtlich mobilen Geräte auch zum "normalen" Bloggen verwenden. Wenn ich Gefallen daran finde, kann ich mich mit meinem Communicator an meinen Schreibtisch setzen und per GPRS- oder HSCSD-Verbindung bloggen. Aber dabei bin ich bestimmt nicht mobil unterwegs und mein "normales" Blogginggerät steht direkt neben mir. Es ist nur meine persönliche Entscheidung, mehr Geld für einen teuren Zugang auszugeben. Wäre ein solch erzeugter Eintrag dennoch ein Moblog-Eintrag?
Die Übergänge zwischen mobilen und statischen Geräten sind also schwimmend. Und jedes mobile Gerät kann auf jeden Fall auch none-mobil eingesetzt werden und fast jedes nicht-mobile Gerät kann auch mobil eingesetzt werden. Also stellt sich die Frage nach einer Definition, die sich nicht auf das zum Bloggen eingesetzte Gerät bezieht.
4. Definition über die Zugangsart
Um zunächst weiter auf einer technischen Ebene zu bleiben bietet sich die Definition über die Zugangsart an. Dazu formulieren wir die Frage nach einem mobilen Zugangsgerät einfach zur der nach einer mobilen Zugangsart um.
Definitiv mobile Zugangsarten sind dabei sicher klassische Handytechnologien, wie GPRS und HSCSD als Datenübertragungsprotokolle. Bei geeigneter Schnittstelle zu der Blog-Software ist auch ein Blogging per MMS (vorzugsweise von Bildern) oder sogar SMS (bei kurzen Texten oder Kommentaren, ggf. durch mehrere SMS) denkbar. Und auch die UMTS Technologie sowie gebietsbeschränkte aber portable "DSL-Zugänge", z.B. von Airdata in Stuttgart, sind inzwischen erschwinglich geworden. (Man beachte die fast etwas lächerliche Bezeichnung "Portable DSL", wobei DSL ja für Digital Subscriber Line steht, also einen festen Draht voraussetzt.)
Etwas komplizierter wird es Wireless LAN. Während ein lokal installiertes WLAN sicher nicht als mobile zu bezeichnen ist (auch wenn man innerhalb des Gebäudes mobil ist), wie sieht es mit Hotspots aus? Diese sind ja eigentlich auch nichts anderes als speziell zu nutzende lokale WLANs. Sind diese nun mobil?
Und um die Frage nach dem Hotspot noch weiter zu vertiefen: Ein ungeschützes WLAN ist ja quasi auch eine Art unfreiwilliger Hotspot. Wenn ich also über das offene WLAN eines Nachbarn blogge, ist das dann mobloggen?
Verschärfend kommt hinzu: Wie ist es um Blog-Einträge bestellt, die definitiv mobil geschrieben werden und dann erst später mit der Blogsoftware abgeglichen werden?
Um ein Beispiel zu nehmen: Ich fahre gerade durch den Bahnhof Ludwigshafen, bin also mobil und werde den Eintrag erst später im Hotel via Hotspot beziehungsweise morgen im Büro von eQuisto einen manuellen Abgleich mit Movable Type vornehmen. Verschärfend kommt hinzu, dass ich im Büro noch einige Quellen heruntergeladen und lokal gespeichert habe und vor dem Upload noch ein paar mit TODO markierte Stellen um einige Links ergänzen muss, die ich weder vorhin nachgeschaut noch im Kopf habe. Ist das nun mobiles Bloggen?
Abschliessend möchte ich für diese Definitionsgrundlage wieder auf den Communicator aus dem vorangegeangenen Abschnitt verweisen: Ich kann ihn auch zum Bloggen verwenden, auch wenn mein Blogging-System mir "normalem" Netzzugang direkt neben mir steht. Es ist nur eine Kostenfrage...
Es scheint also, dass die Zugangsart ebenfalls keine geeignete Definiton darstellt. Dies schliesst auch die verschiedenen Übertragungsprotokolle wie SMS, MMS, HTTP (via TCP/IP) und SMTP (via TCP/IP oder auch anderen Netzwerkprotokollen) mit ein. Damit stehen wir an dem Punkt, dass wir uns von einer technischen Definition lösen müssen.
5. Definition über die Fortbewegung
Diesen Abschnitt möchte ich kurz halten, denn es ist schon fast offensichtlich, dass mobloggen nichts mit einer aktuell vorherrschenden physikalischen Fortbewegung, beispielsweise eine Zug- oder Autofahrt, verknüpft sein muss.
Sicherlich gibt es keine mobilere Situation als eine tatsächliche Fortbewegung während des Bloggens. (Leider habe ich keine aktuelle Geschwindigkeit, da die Anzeige des ICE gerade das Boardrestaurant bewirbt.) Allerdings ist das Bloggen aus einem Starbucks via Hotspot ibeziehungsweise UMTS sicher als Mobil zu bezeichnen, auch wenn man dort im Sessel gerade relaxt sein Heißgetränk vernichtet.
6. Definition über den aktuellen Ort
Eine weitere interessante Definition stammt von Dave Winer und ist in einer englischen Diskussion des Moblog-Begriffs zu finden:
"Moblogging is any activity that occurs away from your normal blog-writing place whose purpose is to create content for your blog."
Dies ist natürlich ein interessanter Ansatz: Jeder Blogger hat seine Standard-Blogging-Orte. Wenn er woanders bloggt, ist das mobiles Blogging. Bei mir wären diese beiden Orte sicherlich meine Wohnung und mein Büro. Demzufolge wäre mein aktueller Eintrag auch als Moblogging zu werten.
Allerdings lässt diese Definition auch die Frage offen, ob der Ort des Schreibens oder der Ort des Uploads für die Klassifizierung zwischen Bloggen und Mobloggen heranzuziehen ist.
Und wie sieht es im Urlaub aus? Dort wechselt mein normaler Blogging-Ort sicher für einige Tage in mein Feriendomizil, wenn man Glück hat sogar für ein paar Wochen. Wie wäre ein solcher Ort zu bewerten?
Oder um noch ein extremeres Beispiel zu erwähnen: Die Freunde aus unserem Bahncard-Abenteuer von Nico Lumma scheinen häufiger ICE zu fahren. Es wäre also denkbar, dass sie häufiger im ICE bloggen. Das ist definitiv mobil, aber dennoch vielleicht schon rein statistisch als Standard-Blog-Ort von ihnen zu bezeichnen.
Auch das Bloggen von einem PC eines Bekannten, von einem PC in der Firma eines Kunden oder Ähnliches würde ich nicht als mobil bezeichnen.
Damit scheidet für mich die Definition von Dave Winer leider auch aus.
7. Definition über Inhalte
Auf der oben bereits verlinkten englischen Diskussion des Moblog-Begriffs findet sich ganz unten im "Update" eine weitere interessante Definition des Autors selbst:
"I read another blog (in norwegian) commenting on Winer´s definition. This emphasize that moblogging happens close to an event (in time and space)."
Als Definition wird also nicht der Ort oder die Art des Bloggens herangezogen sondern der Inhalt des Blog-Eintrags. Wenn er zeitnah und raumnah zu einem Event vorgenommen wird, ist er mobil. Dann wäre also die Live-Blogging-Aktion vom Stuttgarter OpenBC-Stammtisch ein Moblog-Event par excellence gewesen.
Allerdings beachtet diese Definition wieder nicht solche Blogeinträge wie diesen. Er hat inhaltlich nichts mit einem Event zu tun - höchstens vielleicht, dass er durch ein aktuelles persönliches Geschehen (hier die Bahnfahrt) initiiert wurden. Aber auch das ist nur scheinbar, denn eigentlich wollte ich diese Diskussion schon vor Wochen schreiben, habe sie mir dann aber auf die Bahnfahrt gelegt, weil ich hier endlich mal Zeit habe ein paar Gedanken klar zu fassen und niederzuschreiben. Es war also nicht initiiert durch die Fahrt sondern für die Fahrt geplant. (Sonst hätte ich mir ja auch kaum vorher Material vorbereitet...)
Auf der andern Seite könnte man auch wieder attestieren, dass ich immer wieder Bezug auf ein aktelles Event nehme. Allerdings ist es eher ein privates Event - die Bahnfahrt eben.
Und wenn die Zeit reicht, werde ich nachher noch einen weiteren Eintrag hier im ICE verfassen, der kleinerlei Bezug zu meiner Reise hat. Dabei wird es um die Vor- und Nachteile freier Bilddatenbanken gehen. Dieser Eintrag wird also auch wieder mobil geschrieben und später hochgeladen.
Und noch ein weiterer Kritikpunkt tut sich auf: Häufig werden nach dieser Definition mobil erstellte Einträge später none-mobil redaktionell Überarbeitet. Tippfehler werde entfernt, Bilder, Tonmitschnitte oder kleine Filme werden wegen der Bandbreite vielleicht nachgereicht etc. Diese Tätigkeit wird häufig auf den selben Eintrag vorgenommen und ist sicher nicht als mobil zu bezeichnen.
8. Was ist dann ein Moblog?
Ich habe bislang fünf verschiedene Definitionen vorgestellt, die allerdings alle so ihre Stärken und Schwächen haben. (Um wieder einen Bezug zu einem aktuellen Event herzustellen: ICE 714 fährt gerade in den Hauptbahnhof Mainz ein.) Dabei sehe ich noch nicht mal die Möglichkeit einen persönlöichen Favoriten zu benennen, weil meiner Meinung nach alle vorgestellten Definitionen zu viele Fragen offen lassen beziehungsweise erst garnicht versuchen zu lösen.
Daher möchte ich zwei Thesen in den Raum stellen und zur Diskussion freigeben. (Oder soll ich besser sagen "zum Abschuß" freigeben? Martin Röll hat damals in seinem Vortrag gesagt, dass man als Blogger sehr schnell eine gewisse Demut verspürt, denn im Netz da drausen gibt es immer jemanden, der alles besser weiss als man selbst. Und damit sind nicht die immer und ewig Besserwissenden gemeint, sondern Leute, die es wirklich besser wissen!)
Meine erste Thesen lautet: Es liegt im Ermessen des Autors seinen Eintrag als mobil einzustufen und demzufolge als gemobloggt zu bezeichnen. Diese These möchte ich im anschliessenden Absatz diskutieren.
Meine zweite These geht noch deutlich weiter. Ich möchte in den Raum stellen, dass wir den Begriff Moblog gar nicht (mehr) benötigen. Diese These will ich als Abschluß diskutieren.
9. Ein Autor entscheidet zwischen "Blog" und "Moblog"
Zu meiner ersten These: Es liegt im Ermessen des Autors seinen Eintrag als mobil einzustufen und demzufolge als gemobloggt zu bezeichnen.
Wir haben immerhin fünf verschiedene Definitionen, die noch nicht mal alle unstrittig oder klar sind. Selbst jede einzelne davon wirft ausreichend Fragen auf, um sie als nicht konsistent bezeichnen zu können.
Nehmen wir als Beispiel wieder diesen Blogeintrag. Ist der nun gebloggt oder gemobloggt?
Für gemobloggt sprechen folgende Punkte:
-
Definition über das Zugangsgerät:
Ich schreibe diese Zeilen an einem Notebook, welches ein mobiles Gerät ist. -
Definition über die Zugangsart:
Ich schreibe den Artikel zwar offline, werde ihn aber wenn alles klappt über einen Hotspot hochladen, also eine mobile Anbindung. Haut das nicht hin werde ich ich auf UMTS ausweichen: Geht es noch mobiler? (Nachtrag: Der Hotspot war mir gnädig gesonnen.) -
Definition über die Fortbewegung:
Der ICE fährt gerade in diesem Augenblick noch nicht sehr schnell (siehe den übernächsten Punkt), aber er fährt ganz definitiv und beschleunigt deutlich. -
Definition über den Ort:
Das ist definitiv meiner Blog-Eintrag den ich in einem ICE geschrieben habe. Nein, halt, ich habe gerade vorher einen über das Fish and Chips bei der Nordsee geschrieben. Aber der ICE ist sicher nicht mein Standard-Blog-Ort. -
Definition über den Inhalt:
Um den aktuellen Event-Bezug zu festigen: Wir haben vor ein paar Minuten Wiesbaden verlassen.
Dagegen würden folgende Ansichten sprechen:
-
Definition über das Zugangsgerät:
Genau dieses Notebook ist für mich auch mein Desktopersatz. Ich nutze die Maschine jeden Tag etliche Stunden, sogar so intensiv, dass sich die Ablageflächen meiner rechten Hand deutlich auf dem Notebook abzeichnet. Es ist Arbeitsplatz und Homeoffice. Ein "echtes mobiles" Gerät wäre ein Fotohändy oder ähnliches. -
Definition über die Zugangsart:
Hoffen wir, dass der Hotspot-Zugriff klappt. Denn der ist doch nicht wiklich mobil, oder? -
Definition über die Fortbewegung:
Die Definition ist sowieso als untauglich auszumustern und scheidet also als Argument aus. Außerdem werden die Uploads von festen Orten vorgenommen. -
Definition über den Ort:
Wieviele Artikel werde ich wohl in der voraussichtlichen verbliebenen Stunde am Ende dieses Artikels schreiben. Und wieviele werde ich wohl auf den drei Stunden Rückfahrt schreiben? Der ICE könnte sich zu meinem Standard-Blogging-Ort entwickeln - wer weiß? Und wieder: Der Upload wird von nahezu gewöhnlichen Orten vorgenommen, nämlich einem Hotelzimmer und nach der Rückfahrt von mir zu Hause oder aus dem Büro. -
Definition über den Inhalt:
Auch meine krampfhaften Verweise auf die aktuelle Reise können nicht darüber hinwegtäuschen: Es handelt sich um den langweiligen Versuch der Definition des Begriffs "Moblog" ohne den Bezug zu einem "echten" Event. (Naja, wenn du bist hier gelesen hast scheint es doch nicht so langweilig gewesen zu sein. ;-)
Es gibt also eine ganze Reihe von Argumenten für beide Ansichten, die man jeweils um Gegenargumente ergänzen und gegeneinander abwegen müsste.
Wir könnten versuchen Punkte für verschiedene Moblog-Kriterien zu vergeben und ab einer gewissen Punkezahl ist die Moblog-Definition erfüllt. So eine Liste objektiv abarbeitbarer Punkte wäre zumindest einfacher als sich endlos mit Argumenten pro und kontra zu bewerfen. Aber dies würde die Diskussion nur verschieben: Denn wir müssten die Punkteverteilung und den zu erreichenden Grenzwert ausdiskutieren. Keine gute Idee also.
Daher ist es doch vielleicht mal eine gute Idee mal auf etwas zu hören, was uns technisch orientierten Menschen häufig abgesprochen wird: Gefühle. Empfinde ich als Autor, dass dieser Eintrag mobil gebloggt wurde? Denke ich, dass ich mobil gebloggt habe? Oder war das nur eine Arbeitsvorbereitung für das echte Bloggen und Go-Live nachher? Was sagt mir mein Empfinden und nicht mein Verstand? Denn der Verstand kann diese Frage anhand objektiver Kriterien nicht entscheiden.
Damit hätten wir eine Definition, die eindeutig ist: Einzig der Autor entscheidet zwischen bloggen und mobloggen, zwischen Blog und Moblog. Warum er sich für die eine oder andere Variante entschieden hat, spielt dabei keine Rolle.
Wenn er es dabei übertreibt, beispielsweise, weil er nur an einem Notebook bloggt, das mobil sein kann, es aber gerade nicht ist, und das dann als "Moblog" anpreist, werden es seine Leser schon richten (ich erinnere an Martin Röll, siehe oben). Etikettenschwindel wird im Netz meistens zimlich schnell aufgedeckt.
Wobei in diesem Fall dann nicht die Entscheidung und das Gefühl des Autors entscheident wären, sondern die seiner Leserschaft. Aber wir sezieren hier ja schon wieder eine Ausnahmesituation dieser Definition. Und diese läuft auf eine Art Entmündigung durch die Netzcommunity hinaus. Dem Autor wird quasi seine normalerweise vorhandene Entscheidungsfreiheit entzogen, seine Kommentare wenden sich gegen ihn, sein RSS-Feed wird abbestellt, ...
10. Der Begriff "Moblog" ist überflüssig!
Damit möchte ich zu meiner zweiten These übergehen: Der Begriff eines Moblogs ist überflüssig.
Allerdings bin ich versucht, das etwas einzuschränken: Der Begriff Moblog ist inzwischen überflüssig.
Worauf ist denn ein Großteil unserer Probleme bei der Suche nach eine Definition zurückzuführen? Es handelt sich doch um die Tatsache, dass der Begriff "mobil" nur schwer gefasst werden kann. Oder sagen wir besser "mobile Datenkommunikation". Dies hat seine Ursache wohl darin, dass die Grenzen hier rein technisch immer verschwommener werden.
Ein mobiler Breitbandzugang, wenn man UMTS beziehungsweise einen Hotspot denn so bezeichnen möchte, ist inzwischen erschwinglich geworden. (Wenn man die etwa 1,60 € pro MB per UMTS beziehungszweise etwa 10 € für zwei Stunden am Hot-Spot als erschwinglich bezeichnen möchte. Aber als Mensch, der sich ohne Webzugang nur halbwertig fühlt, tue ich das einfach mal.) Die UMTS-Zugangskarten bieten parallel als Fallback immer auch gleich noch GPRS-Verbindungen und die neue Generation dazu falls vorhanden WLAN-Zugang. Auch hier findet eine weitere Verwischung der Grenzen statt.
Die Leistungsfähigkeit und das geringe Gewicht aktueller Notebooks machen sie häufig zu mobilen Desktops. Viele unserer Kunden haben Desktops an ihren Arbeitsplätzen stehen, die man abends einfach mitnehmen kann. Auch hier spielen fallende Preise eine nicht unerhebliche Rolle.
Internet-kommunikative Menschen wie ich besitzen daher meistens gleich mehrere Möglichkeiten mobil online zu gehen. So kann ich mit meinem Communicator sowohl GPRS als auch HSCSD nutzen. Und das Notebook, was ich auch immer mit mir führe, gestattet mir sogar noch mehr: UMTS, GPRS, WLAN über gleich zwei WLAN-Karten (eine interne und eine per PCMCIA) und theoretisch auch noch HSCSD via Infrarot und dem Handy. Getoppt wird das von einem unserer Kunden, der meistens gleich zwei Communicator und mindestes ein (meinstens aber zwei) Notebooks mit sich führt und dabei wohl auf gut ein Dutzend verschiedenster Zugangsmöglichkeiten kommt.
Es drängt sich die Frage auf, ob die mobile Datenkommunikation nicht inzwischen so selbstverständlich geworden und so verbreitet ist, dass sie eigentlich gar nichts besonderes mehr ist. Nun mögen mir hier einige wiedersprechen wollen, denn ich zeige hier Geschäftsmenschen auf, für die dies ein Muss ist und die Preise nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dem möchte ich die neuen UMTS-Handys entgegenhalten, für die Vodafone inzwischen sogar anfängt TV auf dem Handy anzubieten. Und von den ganzen weit verbreiteten MMS-fähigen Handys, die inzwischen bald jeder zu haben scheint, wollen wir da mal noch garnicht reden.
Wenn so betrachtet mobile Datenkommunikation also eine Selbstverständlichkeit geworden ist, wieso sollte dann mobiles Bloggen noch etwas besonderes sein? Sicher mag man argmentieren, dass die Komination von Mobilität und Bloggen noch ungewöhnlich ist. Aber das liegt wohl eher an der mangelnden Verbreitung der Blog-Technologie als der mobilen Datenkommunikation.
Und was wird wohl erst passieren, wenn die großen Mobilfunkanbieter und Handy-Mehrwertdienste entdecken, dass mit Live-Fotoblogging bei Jugendlichen sicher ein enormes finanzielles Potential abgeschöpft werden kann. Spätestens wenn Klingeltöne und Flirt-Chats keine weiteren Steigerungen beim Umsatz versprechen, wird man sich nach neuen Ideen umschauen...
Also würde ich den Begriff "Moblog" entsorgen und mich auf den Begriff "Blog" beschränken. Denn es dürfte schon ausreichend schwierig sein, allein diesen Begriff zu fassen. (Aber das möchte ich hier wie bereits erwähnt nicht versuchen.) Und ob das ganze nun mobil stattfindet oder nicht, dass spielt heute keine Rolle mehr.
Womit wir bei einem interessanten Phänomen wären, das vielleicht typisch für eine Technik ist: Der technische Fortschritt macht eine neue Technik zumindest als Begriff obsolet, bevor sich die Technik überhaupt umfassend durchsetzen konnte. (Was auch immer nun genau für Techniken für das mobile Bloggen hierbei verwendet werden.)
11. Fazit
Ich möchte mit folgender Feststellung schliessen: Ich werde in Zukunft für dem Begriff Blog bzw. bloggen entscheiden, nicht Moblog bzw. mobloggen. Und zwar unabhängig davon wie und wo ein Blog-Eintrag entsteht.
Das ist schlicht die konsequente Kombination meiner beiden Thesen: Selbst wer die zweite ablehnt, wird vermutlich der ersten eine gewisse Logik abgewinnen können. Das wiederum bedeutet, dass ich entscheide, ob ich meine Tägigkeit als Bloggen oder Mobloggen bezeichnen möchte. Und demzufolge habe ich mich entschieden.
Nachtrag
Dies ist einer der längsten Artikel gewesen, die ich bislang gebloggt habe. Länger war nur mein Artikel zur Suchmaschinenoptimierung. Es ist irgendwie schon ein schönes Gefühl so einen Artikel abzuschliessen, wenn man ihn schon eine ganze Weile vor sich herschiebt. Daher freue ich mich auf eine hoffentlich rege Diskussion.
Etwas schade ist allerdings, dass ich diesen Artikel - wie alle anderen auch - nur auf Deutsch verfasst habe. Sollte sich jemand von meinen treuen Lesern berufen fühlen die englischsprachigen Blogs mit meinen Thesen und Argumenten zu bereichern, tut euch keinen Zwang an... ;-)
Geschrieben von Jan Theofel am 29.04.2005 um 22:45 Uhr (Permalink)
Abgelegt unter Blogs
Blog oder Moblog?
Jan Theofel hat in elf Punkten und darin fünf verschiedenen Definition versucht den Unterschied zwischen einem normalen Blog und einem Moblog darzustellen. Wie bei vielen Diskussionen dieser Art kann man keine klare Grenze ziehen. Meine Lieblingsdefini [Weiterlesen]
» C-Blog - Das Weblog von Christoph Hörl | 3.05.2005 um 5:25