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Textverarbeitung vs. Textsatz

Einfach wunderbar, dieses Dokument: Textverarbeitungen: Dumm und ineffizient (PDF). Lesens und lernenswert für alle, die immer noch Texte mit Textverarbeitungen wie Word oder Open Office schreiben. Ok, bei einem Brief mag das noch gehen (und mache ich auch privat) aber für alles was auch nur zwei Seiten umfasst verwendet bitte was Anständiges. Warum erklärt der Text vortrefflich.

via: Schockwellenreiter

Tags: textverarbeitung textsatz

Geschrieben von Jan Theofel am 10.09.2008 um 23:40 Uhr (Permalink)
Abgelegt unter TeX / LaTeX

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Textverarbeitung vs. Textsatz:

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So inspired by this blog post (German) and the therein linked, not uninsightful comment about how stupid Office text processing (and how awesome LaTeX) is, and generally being a friend of OSS, I decided to jump the gun and install something to that end... [Weiterlesen]

» haslo.ch - Guido's Blog | 22.09.2008 um 21:27

7 Kommentare zu »Textverarbeitung vs. Textsatz«

Ich bin 100% damit einverstanden, dass Inhalt und Präsentation voneinander getrennt werden sollten. Es ist auch eine Tatsache, dass Textverarbeitungen es einfach machen, dies nicht zu tun. Genau so wie es eine Tatsache ist, dass LaTeX es verunmöglicht, dies nicht zu tun.

Der Schreiber dieses Papers hat allerdings offensichtlich noch nie etwas von Formatvorlagen gehört. Ich habe schon auch längere (auch wissenschaftliche) Arbeiten in LaTeX, OpenOffice und MS Office geschrieben, und in allen ist es möglich, Text und Präsentation sauber zu trennen, und den Text semantisch und nicht präsentationell aufzubereiten.

Man muss es bei Office-Programmen nur tun wollen.

Der Grund übrigens, warum ich im Moment am liebsten mit OpenOffice schreibe, ist der, dass Änderungen an Formatierungen für spezifische semantische Kategorien (auch wenn die LaTeX-Formatierungen sehr gut sind) damit gerade dank WYSIWYG auch in diesem Bereich sehr viel einfacher sind.

1 | Guido | 11.09.2008 um 13:05

Doch, der Autor kennt Formatvorlagen und liefert zudem Gründe, die dennoch gegen WYSIWYG sprechen:

"Nun, es gibt einen Weg, die logische Bedeutung von Textstücken in (zum Beispiel) in MS Word festzulegen. Sie können – wenn Sie sorgfältig vorgehen – erreichen, dass Sie mit einem einzigen Befehl das Aussehen aller Abschnittsü̈berschriften ä̈ndern kö̈nnen. Aber nur wenige Benutzer von Word nutzen dies konsequent, was auch nicht weiter verwunderlich ist: Der WYSIWYG-Ansatz ermutigt nicht gerade, sich mit der Struktur zu beschäftigen."

Und er erklärt auch, dass sich damit dennoch keine erstklassigen Ergebnisse erzielen lassen. Denn der Textsatz von "Schick 9.0" (wie er es nennt) ist auf Geschwindigkeit und WYSIWYG optimiert - nicht jedoch auf die Qualität des Textsatzes.

2 | Jan Theofel | 11.09.2008 um 13:30

Ich denke, in die Haare geraten wir uns nicht - wir sind uns einig dass Texte semantisch aufbereitet werden müssen wenn man sie vernünftig nachbearbeiten können will. Was ich am Text ankreide ist, dass er den einfacheren Weg als einzigen in Office-Produkten gangbaren und gegangenen ansieht, und entsprechend "man könnte" als "aber das passiert eh nicht" abtut.

Ich benutze konsequent überall Formatvorlagen, bin also das lebende Gegenbeispiel zu dieser Haltung.

Dass der Textsatz weniger auf Qualität getrimmt ist stimmt tatsächlich - die Entwickler von LaTeX haben ja gerade auch darauf (Lesbarkeit, Übersichtlichkeit, Aufbereitung, alles in einem wissenschaftlichen Kontext) sehr viel Zeit verwendet. Dass sich deshalb unter OpenOffice und Co. ähnliche Ergebnisse aber nicht erreichen lassen sollen, halte ich aber für vermessen und einfach falsch.

Es fällt einem vielleicht weniger in den Schoss, man muss sich noch darum kümmern die Formatvorlagen auch anzupassen - aber bei meinen LaTeX-Experimenten empfand ich das als genau so nötig, und musste mich mit halben PostScript-Anweisungen herumschlagen, bis ich ein Layout hatte, das mir passte.

Wo er meiner Ansicht nach recht hat ist bei den Dateiformaten, ASCII hat eine grössere Zukunftssicherheit als geschlossene Dateiformate. Aber mit dem offenen XML-Format von OpenOffice (und bis zu einem gewissen Grad sogar mit dem Geschwür, dem Microsoft bei seinen eigenen Produkten "offenes XML-Format" sagt) ist dies meiner Ansicht nach schon deutlich weniger ausschlagskräftig als noch bei früheren Office-Iterationen.

3 | Guido | 11.09.2008 um 14:24

Ein Beispiel für ein solches semantisch gesetztes Word-Dokument findet sich übrigens hier, als .pdf und damit überall lesbar:

http://www.haslo.ch/blog/john-searles-chinese-room/

4 | Guido | 11.09.2008 um 14:28

Zur Trennung von Inhalt und Layout hast du ein klares ACK von mir. Ohne das geht in großen Texten gar nichts.

Und das man das auch mit Word und OpenOffice machen kann, das bestreitet niemand. Auch der Autor des Texts nicht. Man muss ihm aber in zwei Aspekten aus meiner Sicht zustimmen:

1. Die meisten Nutzer kennen die Möglichkeit schlicht nicht. Das gilt auch für Sekretärinnen, die teilweise jahrelang mit den Programmen gearbeitet haben.

2. Die Programme versuchen die Einstiegshürde niedrig zu halten. Dadurch wird das logische Markup meistens den optischen nachgestellt. Dadurch lernen die meisten Benutzer es falsch, was wiederum dazu führt, dass der obige Punkt Realität ist.

Die Einstiegshürde niedrig zu halten ist natürlich bei einem Programm, das schlicht auf Marktanteile aus ist, der wirtschaftliche richtige Weg. Man könnte nun sagen, dass dies beispielsweise OpenOffice nicht betreffen würde, weil es ja freie Software ist. Aber ich glaube dann würde man den Ehrgeiz der OpenOffice-Community deutlich unterschätzen. Die wollen schließlich auch eine breite Benutzerbasis für sich gewinnen.

In sofern wäre der logische Schluss: Wer versucht Marktanteile zu gewinnen, hält die Einstiegshürde niedrig und stellt damit optisches Markup in den Vordergrund. Das führt dazu, dass leider nur wenige Nutzer (wie du, dafür ein großes Lob) logisches Markup konsequent nutzen.

Zu der Qualität von dem Textsatz: Sicherlich kann man mit einiger Mühe und guten Vorlagen auch brauchbare Ergebnisse mit Textverarbeitungsprogrammen bekommen. Der Aussage, dass sie die Qualität von LaTeX nicht erreichen werden, würde ich aber dennoch zustimmen. Schon alleine weil hier ganz andere technische Konzepte zugrunde liegen.

Ich habe mal gehört, dass bei Word schließlich der Druckertreiber eine wichtige Funktion beim Rendern spielt - was bekanntlich dazu führt, dass Dokumente oft nicht identisch sind. Dazu kommt, dass Textverarbeitungen durch die Gesamtkomplexität anfälliger für Fehler sind. Hier können sich nicht nur im Renderprozess Bugs einschleichen sondern auch in der GUI, dem Einlesen bzw. Schreiben der deutlich komplexeren Dateien etc. Und was einige Konzepte der (Mikro-)Typografie angeht weiß ich offen gestanden nicht, ob die in gängigen Textverarbeitungen überhaupt implementiert (und wenn ja sinnvoll nutzbar) sind. Ich denke beispielsweise an Ligaturen oder Leerzeichen nach Punkten. Woher weiß Word, ob dort eine Abkürzung endet (normaler Wortabstand) oder ein Satz (längerer Wortabstand)? LaTeX weiß es wenn das Markup stimmt.

Was die Style-Dateien für LaTeX angeht gebe ich dir in soweit Recht, dass deren Ausgaben oftmals befremdlich wirken. Mit den KOMA-Klassen ist das für das europäische Empfinden schon deutlich besser geworden. Aber auch hier stutze ich oftmals noch. Das könnte u.a. damit Zusammenhängen, dass wir gut gesetzte Texte mit großen Rändern (keine zu langen Zeilen) gar nicht mehr gewohnt sind.

Es ist auf jeden Fall eine schwierige Aufgabe, diese in LaTeX anzupassen. Da muss man tatsächlich wissen was man tut. Das hat klar Nachteile (Einstiegshürde) und Vorteile (wer sich nicht auskennt nutzt Standardklassen, die gute Typografie liefern).

Die XML-Formate der neuen Textverarbeitungen entschärfen in der Tat den ASCII-Vorteil etwas. Da merkt man dem Text IMHO an, dass er schon etwas älter ist.

Dein Text ist auf jeden Fall durchgängig formatiert, was schon mal ein großer Vorteil zu vielen anderen Beispielen ist. In wie weit die Typografie mehr oder weniger gut ist, kann und will ich persönlich nicht beurteilen, weil mir dazu die Ausbildung fehlt. Aber das was du daraus gemacht hast, hättest du IMHO in LaTeX einfacher und schneller erledigen können.

5 | Jan Theofel | 11.09.2008 um 23:47

Womit ich übrigens bei dem verlinkten Text gar nicht glücklich bin sind die Aufzählungzeichen - Da hat MS Word einfach keine schönen Defaults, und die habe ich nicht angepasst. Die Schrift ist serifenlos, was ja für längere Fliesstexte auch nicht optimal ist - und tatsächlich, Abkürzungen und Satzkonstruktionen sind nicht visuell getrennt, und die Typographie ist eingeschränkt.

Was übrigens eine sehr grosse Stärke von LaTeX ist, in dem Text aber gar nicht erwähnt wird (und in meinem Text auch nicht vorkam) sind mathematische Formeln. Da ist TeX allgemein allem anderen Lichtjahre voraus.

Ich werde die nächste Arbeit wieder in LaTeX schreiben und dann wieder direkt für mich Fazit ziehen - das hat Dein Blogpost hier schon einmal erreicht :)

6 | Guido | 12.09.2008 um 0:08

Ich fürchte allerdings, der Autor liegt falsch mit seiner Hoffnung, es sei noch nicht zu spät, die MS Word-Pest (meine Worte) aufzuhalten. In der Wirtschaftswelt ist Word durchaus ein Standard vergleichbar mit der QWERTZ-Tastatur...

7 | Stefan Sommer | 12.09.2008 um 16:19

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